Professur für Globalisierung und Rechtspluralismus

Die Professur erforscht Globalisierungsprozesse im Recht in historischer Perspektive. Unsere Forschung befasst sich mit den komplexen Interaktionen zwischen verschiedenen Rechtsordnungen, Rechtsverständnissen und rechtlichen Praktiken, wobei europäisch zentrierte Narrative aufgebrochen werden und die Dynamiken des Wandels im Fokus stehen.

Ein Schwerpunkt unserer Forschung liegt auf den rechtlichen Transformationsprozessen, die für viele Regionen außerhalb Europas im 19. und 20. Jahrhundert eine Herausforderung darstellten und die oftmals eine schwierige Positionierung zwischen expandierenden europäischen Rechtsvorstellungen und dem Ringen um Souveränität und Selbstbehauptung erforderten. Die Auswirkungen von Kolonialismus, Semi-Kolonialismus und Dekolonialisierung auf rechtliche Strukturen und Praktiken stehen in unserer Forschung ebenso im Mittelpunkt wie die Rolle von Rechtspluralismus in multiethnischen Gesellschaften. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Zirkulation von Ideen und Praktiken im Zusammenhang mit Nationalsozialismus und Faschismus sowie die rechtliche Aufarbeitung von Menschenrechtsverbrechen und diktatorischem Unrecht. 

Mit diesen Schwerpunkten leistet unsere Forschung einen Beitrag zu den Debatten über Pluralität und Diversität rechtlicher Ordnungen in einer global vernetzten Welt und schlägt die Brücke zwischen historischen und aktuellen Herausforderungen.

 Forschungsschwerpunkte

Globalisierung des Rechts

Der Schwerpunkt widmet sich dem Aufeinanderprallen von Rechtsordnungen in einer zunehmend globalisierten Welt. Untersucht werden Übersetzungs- und Aneignungspraktiken sowie Dissens und Widerstand. Wir fragen danach, wie durch das Zusammenwirken von Recht, Institutionen, Ideen und Akteuren Dynamiken des Wandels initiiert werden. 

Juristische Zeitgeschichte

Dieser Schwerpunkt widmet sich besonders dem Nationalsozialismus und seiner Nachgeschichte.
Transnational vergleichende Perspektiven interessieren uns ebenso wie die Frage, welche Bedingungen die Mitwirkung von Juristen am Unrecht befördert haben und welche Folgerungen sich hieraus ergeben.   

Transitional Justice (TJ)

In diesem Bereich untersuchen wir rechtliche und gesellschaftliche Aufarbeitungsprozesse nach schweren Menschenrechtsverletzungen. Unser Forschungsansatz beleuchtet die Wechselwirkungen zwischen globalen Entwicklungen und lokalen Praktiken der TJ und hinterfragt standardisierte Modelle aus einer kritischen, interdisziplinären Perspektive. 

 Forschungsprojekte

Japan, China und das Osmanische Reich standen im 19. und frühen 20. Jahrhundert unter massivem Druck, ihre Rechtssysteme an westliche Standards anzupassen. Das Projekt untersuchte die Transformationsprozesse, die durch Übersetzung westlichen Rechts initiiert wurden, und entwickelte Ansätze für eine Rechtsgeschichtsschreibung, die die komplexen Dynamiken des Wandels und die globalen Interaktionen reflektiert.

Das Projekt untersucht vergleichend, wie sich die Rechtswissenschaft in Deutschland und Japan zwischen 1930 und 1955 unter autoritären Regimen positionierte und zur ideologischen Umgestaltung des Rechts beitrug. Dabei wird auch die Rolle der Rechtswissenschaft in der demokratischen Transformation nach 1945 analysiert.